Abschluss der Erprobung von Luftqualitätssensorsystemen zur Integration ins Berliner Luftgütemessnetz

[September 2023]

Im eUVM-Projekt wurden, wie im Logbucheintrag vom Juni 2022 dargestellt, Sensorsysteme zur Messung der Luftgüteparameter Stickstoffdioxid (NO2) und Partikel (PM10 und PM2,5) erprobt. Im Rahmen der Erprobung konnten wertvolle Erfahrungen zum Betrieb von Sensorsystemen zur Luftgüteüberwachung gesammelt werden. Es zeigte sich aber, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Vorgaben für einen Einsatz der Systeme als Äquivalenzverfahren gemäß Anlage 6 der 39. BImSchV nicht möglich ist. Auch das System, das in der Vorauswahl am besten abgeschnitten hat, konnte aufgrund inhomogener Datenqualität und Mängeln in der Qualitätssicherung und -kontrolle letztlich nicht die Anforderungen erfüllen, so dass die Erprobung vorzeitig beendet wurde. Im Folgenden wird ein Überblick über das abgeschlossene Teilprojekt und die erzielten Ergebnisse gegeben.


In einem Unterprojekt des Teilprojekts „Luftschadstoffanalyse“ sollte die Eignung von Luftqualitätssensorsystemen unter Messnetzbedingungen in definierten Untersuchungsräumen erprobt werden. In drei aufeinander aufbauenden Projektphasen sollten folgende Ziele erreicht werden:

  1. die Identifikation geeigneter Sensorsysteme,
  2. die Integration der Sensorsysteme in das Berliner Luftgütemessnetz (BLUME) und
  3. die Erhebung valider Messdaten im Regelbetrieb als Eingangsdaten für Verkehrssteuerungsmaßnahmen, zur Validierung von Luftqualitätsmodellierungen und zur Prüfung des Effekts umgesetzter Verkehrsmanagementmaßnahmen.

Vor Beginn der ersten Projektphase wurde im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung eine Vorauswahl von drei geeigneten Anbietern von Sensorsystemen getroffen, die definierte Mindestanforderungen erfüllten. Auswahlkriterien waren der Preis und Leistungskriterien in Form von Datenqualitätsparametern sowie eingereichten Veröffentlichungen oder Zertifikaten, bei denen die Leistungsfähigkeit der Sensorsysteme durch Messungen in Luftgütemessnetzen oder Institutionen unabhängig nachgewiesen wurde. Die Datenqualitätsparameter wurden je Anbieter anhand eines eingereichten Datensatzes einer Vergleichsmessung der Sensorsysteme mit Referenzverfahren bzw. gleichwertigen Äquivalenzverfahren (gemäß Anlage 6 der 39. BImSchV) auf Basis von stündlich aggregierten Daten für die Parameter NO2, PM10 und PM2,5 über mindestens einen Monat ermittelt. Die Auswertung erfolgte mit dem Programm zum Nachweis der Äquivalenz der Europäischen Kommission1 .


Mit den vorausgewählten Sensorsystemen der drei Anbieter wurden in der ersten Projektphase vom 01.07.2023 bis 01.10.2023 an den Messstationen MC117 Schildhornstraße (städtischer Verkehr) und MC171 Mitte (städtischer Hintergrund) Vergleichsmessungen mit Referenz- bzw. Äquivalenzverfahren durchgeführt. Es wurde untersucht, wie sich die verschiedenen Systeme unter vergleichbaren Bedingungen in zwei Belastungssituationen verhalten. Je Standort und Anbieter wurden drei Sensorsysteme parallel betrieben, um die Homogenität der Messergebnisse zu überprüfen. Vor der Messung hatte jeder Anbieter die Möglichkeit, die Sensorsysteme einmalig zu kalibrieren. Während der Messung waren Eingriffe ins Messsystem nur zur Störungsbeseitigung zulässig. Die Bewertung der Sensorsysteme erfolgte anhand von Datenqualitätskriterien, die analog zum Vorauswahlprozess aus den dreimonatigen Vergleichsmessungen abgeleitet wurden, sowie anhand der Betriebskonzepte zur Integration der Sensorsysteme in das Berliner Luftgütemessnetz, die von den Anbietern während der Messungen zu erstellen und einzureichen waren. Hinsichtlich der Datenqualität konnte in der ersten Projektphase unter den vorgegebenen Messbedingungen kein Sensorsystem die aus dem im Vorauswahlprozess eingereichten Vergleichsdatensatz abgeleitete Leistungsfähigkeit in vollem Umfang erreichen. Zur Diskussion der Ergebnisse wurden mit den Anbietern Rücksprachen gehalten, aus denen Gründe für die mangelnde Datenqualität und Optimierungsmaßnahmen abgeleitet werden konnten. Trotz der Mängel bezüglich der Datenqualität wurde die zweite Projektphase mit der Firma Robert Bosch GmbH fortgeführt, da sie nach der festgelegten Auswahlmatrix sowohl hinsichtlich der Datenqualität als auch hinsichtlich des Betriebskonzepts die formal besten Kennwerte erzielte. Die Firma konnte zudem glaubhaft Verbesserungspotential für die zweite Projektphase aufzeigen.


In der zweiten Projektphase sollten die Voraussetzungen für die Integration der Sensorsysteme in das Luftgütemessnetz geschaffen werden. Dazu sollten in drei parallel ablaufenden Abschnitten

  1. weitere Vergleichsmessungen durchgeführt werden, um die Langzeitstabilität und Standortspezifität der Sensorsysteme zu untersuchen,
  2. das erarbeitete Betriebskonzept des Sensorsystems während der Vergleichsmessungen angewendet, auf Vollständigkeit und Praktikabilität überprüft und ggf. an die gegebenen Anforderungen und Eigenschaften des Sensorsystems angepasst werden und
  3. die Datenflüsse aus Phase 1 so erweitert werden, dass die vom Anbieter durchzuführenden Datenvalidierungen sowie Änderungen am Sensorsystem wie beispielsweise Gerätetausch, Justierungen nach erfolgter Kalibrierung oder Änderungen am Auswertealgorithmus (ggf. durch Versionierung) durch Einträge in die Datenbank des Berliner Luftgütemessnetzes transparent nachvollzogen werden können.

Um die Untersuchungen zur Standortspezifität zu erweitern, wurde am 16.12.2022 jeweils ein Sensorsystem von den beiden Standorten der ersten Projektphase an die Sondermessstation MC014 im Lerschpfad und an die Messstation MC077 Buch versetzt. In diesem Zeitraum wurde das Betriebskonzept um einen Qualitätssicherungsmechanismus zur Überwachung und Justierung des Nullpunktes der Sensorsysteme erweitert, wodurch eine Verbesserung der Datenqualität gegenüber den Messungen der ersten Phase erwartet wurde. Da die Messungen an der Sondermessstation MC014 eingestellt wurden, erfolgte am 04.05.2023 die Umsetzung des Sensorsystems zur Messstation MC077 in Buch. Im Zuge der Vergleichsmessungen in Phase 2 stellte sich heraus, dass drei der sechs betriebenen Sensorsysteme aufgrund von Ausfällen und technischen Fehlfunktionen auch nach Anwendung des Betriebskonzepts nicht die erwartete Datenqualität lieferten. Aufgrund der im Rahmen der Vergleichsmessungen in Phase 2 festgestellten inhomogenen bzw. gerätespezifischen Datenqualität und der Problematik, dass Fehlfunktionen nicht kurzfristig erkannt werden konnten, wurde versucht, gemeinsam mit dem Betreiber eine erneute Anpassung des Betriebskonzepts zu erwirken. Dies war für das ausgewählte Sensorsystem nicht umsetzbar, weshalb das Projekt in der zweiten Projektphase vorzeitig beendet und die Sensorsysteme zum 17.07.2023 abgebaut wurden.


Eine Integration von Luftqualitätssensorsystemen in das Berliner Luftgütemessnetz war unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Somit können keine zusätzlichen Luftgütemessdaten für das erweiterte Umweltsensitive Verkehrsmanagement mit Luftqualitätssensorsystemen erhoben werden.

Das Foto zeigt Luftqualitätssensorsysteme in Form von mehreren geschlossenen grauen Metallkästen, die Briefkästen ähneln. Zusammen mit mehreren Rohren und pilzartigen Lamellensensoren sind sie an einem Gerüst oberhalb der Straße angebracht. Im Hintergrund ist der Berliner Fernsehturm zu erkennen.
Abbildung 1: Luftqualitätssensorsysteme auf dem Messcontainer MC171 des Berliner Luftgütemessnetzes in der Brückenstraße 6 in Mitte.

Das Foto zeigt ein Sensorsystem in Form eines grauen Metallkastens und daneben zwei Rohre in der Nähe der A100 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Im Hintergrund fahren PKW und LKW auf der winterlichen Autobahn.
Abbildung 2: Messung mit einem Sensorsystem an der Sondermessstation MC014 zur Erfassung der Luftschadstoffbelastung in der Nähe der A100 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.

Auf dem Bild ist ein Sensorsystem mit einem Kasten und mehreren Rohren zu sehen. Im Hintergrund stehen viele Bäume. der Boden ist mit Schnee bedeckt.
Abbildung 3: Sensorsystem an der Messstation MC077 Buch am Stadtrand zur Prüfung des Messsystems bei geringer Stickstoffdioxid- und Partikelkonzentration.

  1. EQUIVALENCE TOOL V3.1 020720 (2).XLSX (Version 1.0): Excel-Datei zum Nachweis der Äquivalenz eines Kanditatenverfahrens mit einem Referenzverfahren gemäß 39.BImSchV. Erstellt von David HARRISON Version 1.0 vom 31.05.2022, 11:11; https://circabc.europa.eu/ui/group/cd69a4b9-1a68-4d6c-9c48-77c0399f225d/library/ece2498e-2ca5-4817-8bfa-30521190f166 (Stand 21.04.2023)