Simulation für die Einhaltung von Schadstoff-Richtwerten durch Begrenzung des Verkehrs

[Januar 2023]

Ein Ansatz dafür ist, den Verkehr an hoch belasteten Tagen im betroffenen Gebiet zu reduzieren, zum Beispiel durch Ampelschaltungen (sogenannte Pförtner-Ampeln) oder die Umwidmung von Fahrspuren für den ÖPNV. Dazu möchte man idealerweise vorher wissen, ob an einem bestimmten Tag der Richtwert überschritten wird – und falls ja, wie stark der Verkehr reduziert werden müsste, um den Richtwert einzuhalten.

In Berlin werden die EU-weit geltenden Richtwerte für Luftschadstoffe erfreulicherweise bereits eingehalten [Quelle]. Die WHO empfiehlt jedoch deutlich strengere Richtwerte [Quelle]. Besonders an verkehrsreichen Straßen ist die Schadstoffbelastung regelmäßig hoch. Das kann die Gesundheit der Menschen, die sich dort häufig aufhalten, stark beeinträchtigen. Ein Ziel der Berliner Umweltpolitik ist deswegen die schrittweise Annäherung an die strengeren WHO-Richtwerte.

Dazu hat INWT Statistics eine Simulationsmethode entwickelt. Ausgangsbasis sind die Vorhersagen für Stickstoffdioxid und Feinstaub (Partikelgrößen PM10 und PM2.5, d.h. kleiner als 10 bzw. 2,5 µm). Im vorherigen Logbucheintrag wurde das statistische Prognosemodell beschrieben. In das Modell fließen unter anderem die Wettervorhersage und das typische Verkehrsaufkommen ein.
Falls der vorhergesagte Tagesmittelwert über dem jeweiligen Schadstoff-Richtwert liegt, werden neue hypothetische Vorhersagen berechnet, um die kritische Schwelle für den Verkehr zu finden. Dazu erhält das Prognosemodell als Input nicht das tatsächlich erwartete Verkehrsaufkommen, sondern ein um 10%, 20% etc. reduziertes Verkehrsaufkommen. Auf diese Weise liefert das Modell eine Vorhersage, wie hoch die Schadstoffbelastung wäre, würde man den Verkehr entsprechend drosseln.
Daraus lässt sich ablesen, ab welcher Verkehrsreduktion der Richtwert voraussichtlich eingehalten wird. Diese Information kann von der Verkehrsmanagement-Abteilung der SenMVKU mit Wissen über verkehrslenkende Maßnahmen kombiniert werden, um konkrete Entscheidungen zu treffen.

Die folgende Abbildung zeigt die PM10-Vorhersagen, die am 16. Dezember 2022 für die nächsten 4 Tage für die Messstation Silbersteinstraße erstellt wurden (x-Achse: Zieltag der Vorhersage, y-Achse: berechneter PM10-Tagesmittelwert in µg/m³). Die rote waagerechte Linie zeigt den zugrunde liegenden Richtwert an, hier 45 µg/m³ im Tagesmittel. Die bunten Punkte stellen die Vorhersage für verschieden hohe Anteile des KFZ-Verkehrs dar. Der obere, schwarze Punkt ist jeweils die Vorhersage für 100% des zu erwartenden Verkehrs; der unterste Punkt ist die Vorhersage, wenn man den Verkehr auf Null reduzieren würde.

PM10-Vorhersagen
PM10-Vorhersagen

Man erkennt, dass am 16. Dezember eine enorme Verkehrsreduktion notwendig wäre. Selbst bei nur 10% Verkehr wäre der Richtwert für PM10 voraussichtlich noch überschritten.

In folgender Abbildung sind die berechneten Tagesmittelwerte für den 17. Dezember zu sehen. Hier sieht die Vorhersage optimistischer aus: 30% Verkehrsreduktion würde hier voraussichtlich ausreichen, um den Richtwert einzuhalten.

Tagesmittelwerte
Tagesmittelwerte

Eine rückwirkende Simulation für 2021/2022 zeigte, dass sich die Richtwertüberschreitungen für Stickstoffdioxid meistens verhindern ließen, wenn der Verkehr ausreichend reduziert würde. Für PM10 hilft eine Verkehrsreduktion nur teilweise, für PM2.5 nicht. Das liegt daran, dass Feinstaub – insbesondere PM2.5 – größtenteils auf andere Quellen als den Verkehr zurückzuführen ist. Stickstoffdioxid hingegen ist zu einem sehr großen Teil durch den Verkehr bedingt. Teilweise wären allerdings sehr starke und somit unrealistische Reduktionen des Verkehrs notwendig.

Bisher erfolgt die Simulation an vier Schadstoff-Messstationen, die an stark befahrenen Straßen stehen. Im nächsten Schritt wird die Simulation auf weitere stark befahrene Straßen übertragen, an denen kein Messcontainer steht.